Aufmerksam hört Anouar Sali seinem Kollegen Jakob Jakowlew zu. Der erfahrene Mechatroniker zeigt ihm, wie die Einschübe eines Schaltschranks ein- und ausgebaut werden. Sali kommt aus Marokko und lernt bei Langer E-Technik in Varel im zweiten Ausbildungsjahr den Beruf des Elektronikers für Energie- und Gebäudetechnik.

Seine Herkunft aus dem außereuropäischen Ausland ist nichts Außergewöhnliches in dem niedersächsischen Elektrounternehmen. Allein drei von sechs Azubis, die mit ihm begonnen haben, stammen nicht aus Deutschland. Insgesamt arbeiten Menschen aus 13 Nationen bei dem agilen Mittelständler.

Zwei Standorte im Norden

„Unser Unternehmen hat eine Mission“, sagt Vertriebsleiter Nicolas Busch. „Wir wollen mit unseren Leistungen in den Geschäftsfeldern Schaltanlagen, Energietechnik und Service die Energiewende voranbringen.“

Dafür aber benötigt das aktuell 120-köpfige Team weitere personelle Verstärkung. „Und die finden wir wegen des Fachkräftemangels in Deutschland immer öfter im Ausland“, erklärt Busch.

Langer E-Technik kann auf mehr als 75 Jahre Geschäftstätigkeit zurückblicken. Angefangen hat alles 1948 in der Garage des Elektromeisters Johannes Langer. Heute arbeitet das in dritter Generation von Langers Großneffen Helge Zink geführte Unternehmen an zwei Standorten in Varel und Brake an der Unterweser.

Spezialist für Anlagen von Siemens

Zu den Alleinstellungsmerkmalen des Unternehmens gehört die seit dem Jahr 2000 bestehende Lizenz zur Planung und Auslegung, zum Bau und zur Inbetriebnahme von Siemens-Niederspannungsschaltanlagen des Typs Sivacon.

„Wir sind Sivacon-Partner der ersten Stunde und gehören mittlerweile zu den wenigen Unternehmen in der Region, die diese Leistung anbieten können“, erläutert der Vertriebschef.

Enger Austausch mit den Kunden

Überall dort, wo elektrische Energie sicher und zuverlässig ans Ziel gebracht werden muss, ist das Unternehmen mit seinen Lösungen im Einsatz. Mit Niederspannungsschaltanlagen steuern Industriebetriebe ihre Maschinen, Motoren und Anlagen, große Rechenzentren werden mit der benötigten Energie versorgt und Strom aus Photovoltaikanlagen kann verteilt werden.

Langer E-Technik baut und montiert die Schaltanlagen aber nicht nur, sondern ist gemeinsam mit dem Kunden von der Klärung der technischen Anforderungen über die Projektierung bis hin zur punkt- und termingenauen Inbetriebnahme aktiv. Damit ist die Firma ein wichtiger Systempartner der Kunden, die auf das Know-how und die Erfahrung der Experten setzen.

Energietechnik als Kernkompetenz

Der Kundenkreis setzt sich aus den unterschiedlichsten Branchen zusammen. Die Papier-Industrie zählt ebenso dazu wie Brauereien, große Kliniken und die Lebensmittelbranche. So hat Langer E-Technik erst kürzlich eine umfangreiche Niederspannungsschaltanlage in der Uniklinik Köln installiert.

Neben dem Schaltanlagenbau gehört der Bereich Energietechnik zur Kernkompetenz des Familienunternehmens. Von der Mittelspannungsanlage über den Trafo bis hin zur LED-Hallenleuchte bieten die friesischen Elektrospezialisten alle Services im Bereich der industriellen Energietechnik an.

Auch Warung und Reparatur

Die Konstrukteure und Ingenieure des Unternehmens dokumentieren die montierten Anlagen in rechnergestützten Systemen. So behalten die Kunden jederzeit einen Überblick über ihre Anlagen und können auf Störungen oder Anpassungen bei Bedarf unverzüglich reagieren.

Auf den Leistungsbereich Services entfallen alle Dienstleistungen rund um den Betrieb der Firmenkunden. „Wir bieten beispielsweise die Transformatorwartung im 20 Kilovolt-Bereich an, kontrollieren Niederspannungshauptschalter und Kompensationsanlagen, überprüfen Anlagen nach Vorschriften der Unfallversicherung (DGUV) und reparieren und installieren Anlagen“, zählt der Vertriebschef auf.

Paketlösungen im Bereich Photovoltaik für Privatkunden

Vor einiger Zeit haben die Vareler Spannungsexperten ihr Portfolio zudem um Paketlösungen im Bereich Photovoltaik (PV) für Privatkunden erweitert. Dazu gehören die Projektierung und Installation von PV-Anlagen in Kombination mit Batteriespeichern und der Installation von Wallbox-Ladestationen. „Ein weiterer Weg hin zur Energiewende“, so Busch.

Beeindruckende Zahlen illustrieren die zahlreichen Aktivitäten und Leistungen des Teams. Jahr für Jahr verdrahten und verlegen die Elektro-Experten Kabel und Leitungen in einer Länge, die zweimal für die Strecke Flensburg bis München reichen würde.

Neue Maschine für die Bearbeitung von Kupfer

Würde man die jährlich gebauten Schaltschränke allesamt aufeinander setzen, ergäbe sich ein Stapel von der Höhe des Brockens (rund 1.140 Meter). Entsprechend hoch ist der Materialbedarf, zum Beispiel an Kupfer; annähernd 10.000 Kilogramm des Buntmetalls werden alljährlich von den Elektronikern, Monteuren und Mechatronikern in die Schaltanlagen eingebaut. Für diese Tätigkeit hat das Unternehmen übrigens gerade erst eine neue Bearbeitungsanlage angeschafft, mit der Kupferprofile gebogen, bearbeitet und konfektioniert werden können.

Aber Langer E-Technik investiert nicht nur in den Anlagen- und Maschinenpark, sondern vor allem in Menschen, denn nur mit weiteren qualifizierten und motivierten Fachkräften lässt sich das angestrebte Wachstum realisieren. Geschäftsführer Helge Zink: „Wir planen, unsere Belegschaft von momentan 120 auf 130 Mitarbeitende bis Ende des Jahres aufzustocken.“

20 junge Menschen in der Ausbildung

Die dazu benötigten Fachkräfte sind nach seinen Angaben jedoch nur sehr schwer zu rekrutieren. In Norddeutschland findet der Betrieb die von ihm benötigten Menschen nicht mehr, deshalb setzt das Unternehmen schon seit einiger Zeit auf eigene Ausbildung und die Gewinnung von Fachkräften und Azubis aus dem Ausland.

Derzeit befinden sich 20 junge Menschen in der Ausbildung, jedes Jahr stellt Langer sechs neue Azubis ein. Sie erlernen den Beruf des Elektronikers für Energie- und Gebäudetechnik. Seit zwei Jahren hat die Firma ihr Azubi-Kontingent aufgestockt und stellt pro Ausbildungsjahr acht Nachwuchskräfte ein.

Intensive Unterstützung für die Beschäftigten

Schon einige Zeit zuvor hatte das Unternehmen seinen Aktionsradius beim Recruiting stark erweitert. Als eine der ersten ausländischen Fachkräfte wurde vor vier Jahren eine junge Iranerin eingestellt.

Langer E-Technik unterstützte bei der Überwindung bürokratischer Hürden – Stichwort Fachkräfteeinwanderungsverfahren – und organisierte eine vergünstigte Wohnmöglichkeit für die neue Kollegin. Wenig später folgten zwei Azubis aus Marokko, denen das Unternehmen ebenfalls zahlreiche Hilfen bei der Eingewöhnung in Deutschland zur Verfügung stellte.

„Wir fühlen uns gegenüber den Menschen, die aus dem Ausland zu uns kommen, verpflichtet“, unterstreicht Nicolas Busch. „Sie verlassen ihre Heimat, lernen Deutsch und fangen hier bei null an. Da ist es doch klar, dass wir nicht nur den Arbeitsplatz stellen.“

Auch Mitarbeiter aus Togo und Afghanistan

Die Firma hat inzwischen drei Wohnungen angemietet, in denen die neuen Beschäftigten in Wohngemeinschaften und zu ermäßigten Konditionen leben können. Zudem bietet sie Deutschkurse an.

Mittlerweile arbeiten Menschen aus den verschiedensten Nationen in dem norddeutschen Unternehmen. Sie kommen unter anderem aus dem Iran und den USA, aus Togo, Afghanistan, Marokko, Syrien, Russland und Lettland.

Anouar Sali hatte, bevor er die Ausbildung bei Langer E-Technik startete, bereits einige Zeit in Deutschland gearbeitet, und zwar in seinem ursprünglichen Beruf als Hotelfachkraft. Dann jedoch stieß er auf das Angebot aus Varel und bewarb sich spontan.

Ein Glücksfall, sowohl für ihn als auch für das Unternehmen. „Die Entscheidung war genau die richtige“, sagt der 30-Jährige rückblickend. „Ich fühle mich hier sehr wohl und mag meine Arbeit und die Kollegen.“

Lothar Steckel
Autor

Als Geschäftsführer einer Bremer Kommunikationsagentur weiß Lothar Steckel, was Nordlichter bewegt. So berichtet er für aktiv seit mehr als drei Jahrzehnten vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie, Logistik- und Hafenwirtschaft, aber auch über Kultur- und Freizeitthemen in den fünf norddeutschen Bundesländern.

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