Wer die Meyer Werft zum ersten Mal besucht, ist beeindruckt. Riesige Hallen, große Schiffe und eine kaum überschaubare Zahl an Beschäftigten, die meist gleichzeitig an einem Projekt arbeiten, ohne sich gegenseitig ins Gehege zu kommen.
Nicht weniger beeindruckend sind die Bereiche, die man eher selten zu sehen bekommt. Das gilt vor allem für das Archiv. Hier lagern in zwei Räumen Tausende von Unterlagen in Regalen, die eine Gesamtlänge von drei Kilometern haben.
Der Herr dieses Datenschatzes ist Waldemar von Gruchalla (57). Der studierte Historiker übernimmt Unterlagen aus den einzelnen Abteilungen der Werft, prüft anschließend, ob sie für eine Aufbewahrung relevant sind, und ordnet sie in den Bestand ein.
Waldemar von Gruchalla: „In dem einen Raum werden die Unterlagen gelagert, die für die Geschichte und Entwicklung der Werft relevant sind, in dem anderen befinden sich die Papiere, die aus gesetzlichen Gründen verwahrt werden müssen.“
Auch sogenannte „genehmigte Zeichnungen“ sind Teil des Archivs. „Sie beinhalten einerseits das Know-how der Werft, andererseits – mit den Genehmigungen von Klassifikationsgesellschaften und Reedereien – auch Beweismittel, dass Arbeiten regelkonform ausgeführt wurden“, erklärt der Archivar.
Im laufenden Bauprozess eines Kreuzfahrtschiffs ist das Archiv ebenfalls wichtig. Waldemar von Gruchalla: „Langlebige Produkte wie Schiffe erfahren während der Dienstjahre oft zahlreiche Modifikationen, etwa durch einen Umbau oder die Nachrüstung mit Abgasfiltern. Die ausführenden Werften setzen dabei auf unser Archivmaterial.“
Aber auch Schiffsliebhaber und Modellbauer fragen regelmäßig bei der Werft an. „Das ist manchmal wie eine Reise in längst vergangene Zeiten“, sagt von Gruchalla, der 1959 nahe Danzig geboren wurde.
Ende der 80er Jahre kam er nach Deutschland und arbeitete unter anderem für einen großen Verlag in Hamburg, ehe er im Herbst 2007 nach Papenburg wechselte. Eine gute Wahl, wie er sagt, denn so konnte er sein „Hobby zum Beruf machen“.
Taucher findet einen Anker – stammt er von der „Liemba“?
Und spannende historische Fragen gibt es immer wieder. So meldete sich beispielsweise vor einiger Zeit ein Schweizer Taucher, der im afrikanischen Tanganjikasee einen Anker gefunden hatte. Er wollte wissen, ob dieser zu dem legendären Schiff „Goetzen“ gehört, das 1913 in Papenburg gebaut wurde und noch heute als „Liemba“ auf dem See fährt.
„Wir konnten dem Mann helfen“, erzählt von Gruchalla. „Anhand alter Bilddokumente und der Koordinaten der Fundstelle ließ sich belegen, dass der Anker von unserem Schiff stammte.“
Der gebürtige Westfale ist seit über 35 Jahren im Medienbereich tätig. Er studierte Geschichte und Holzwirtschaft und volontierte nach dem Diplom bei der „Hamburger Morgenpost“. Danach arbeitete er unter anderem bei n-tv und „manager magazin online“. Vor dem Wechsel zu aktiv im Norden leitete er die Redaktion des Fachmagazins „Druck & Medien“. Wenn er nicht in den fünf norddeutschen Bundesländern unterwegs ist, trainiert er für seinen dritten New-York-Marathon.
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