Theoretisch hätte Eike Tholema auch Arzt werden können. Oder Musiker. Seine Talente zumindest hätten für beides gereicht. Als aber die Entscheidung für ein Studium anstand, gaben praktische Aspekte den Ausschlag. Die Frage war: Welches Fach bietet später das breiteste Spektrum? „Technik begeistert mich“, so Tholema. „Also wählte ich Maschinenbau, auch wenn ich lange Geige gespielt und großes Interesse an Medizin habe.“
Dass Tholema am Ende in der Luftfahrt landete, verdankt er einer Exkursion der Universität Aachen zum Airbus-Werk Hamburg. Bis dahin verband er mit Flugzeugen Strömungslehre und Aerodynamik, aber nicht klassischen Maschinenbau. „Nun sah ich, wie Flugzeugteile gebaut und montiert werden“, erzählt der 40-Jährige. „Da war mir klar: Hier will ich arbeiten.“
Und er macht sich sogleich an die Umsetzung dieser Idee. Nachdem er bei Airbus Hamburg seine Diplomarbeit geschrieben und am Bremer Standort Entwicklungs-Erfahrung gesammelt hat, kommt der Ingenieur 2005 nach Varel, wo der Flugzeugbauer ein Werk unterhält, das später ein Teil der Airbus-Tochter Premium Aerotec (PAG) wird.
Dort lernt er verschiedene Bereiche kennen und übernimmt später die Verantwortung für die Qualitätssicherung der Lieferkette sowie die Wärmebehandlung von Bauteilen. Dazu gehören auch Teile, die im 3-D-Druck aus Titanpulver gefertigt werden. „Dieses Verfahren erfordert spezielle Materialien und Prozesse. Das reizt mich“, so Tholema.
Dieser Reiz, eigenes Know-how in anderen Bereichen anzuwenden, lässt den Ingenieur zum Gründer eines Start-ups werden. Als 2014 ein Freund mit der Idee auf ihn zukommt, ein Spezialbauteil für die Nahrungsmittelbranche zu konstruieren, ist Tholema Feuer und Flamme.
„Mein Freund ist Kaufmann und brauchte jemanden, der seine Idee technisch umsetzt“, erzählt der Jungunternehmer. „Das passte.“ Den Plan, das Teil selbst herzustellen, verwerfen sie jedoch bald. Tholema: „Da hängt so viel dran, das würde uns überfordern.“
Mit Details hält er sich zurück, solange die Patentanmeldung läuft, aber nach seiner Einschätzung hat die Sache Potenzial. Tholema: „Unser Produkt eröffnet Firmen ein neues Geschäftsfeld. Selbst bei Traditionsbetrieben war die Resonanz durchweg positiv.“
Für ihn ist das Unternehmertum „die perfekte Ergänzung“ zum Job bei Premium Aerotec. Die Kapazität für sein Nebengewerbe, das auf seine Freizeit beschränkt ist, hat er sich 2011 nach einer persönlichen Krise „erkämpft“. In Absprache mit dem Arbeitgeber reduzierte Tholema seinen Vertrag auf 28 Wochenstunden, verteilt auf vier Tage. Das gibt ihm genügend Freiraum: „Ich brauche die Abwechslung. Dadurch bleibe ich ausgeglichen und motiviert, wovon alle Seiten profitieren.“
So übernimmt er beispielsweise Aufgaben im Bereich Coaching und Heilkunde, für die er zertifiziert ist. Lebt er hier vor allem seine medizinische Neigung aus, geht es ihm beim Volleyballtraining um den sportlichen Ausgleich und Teamgeist. Zweimal pro Woche spielt er im Verein.
Und wie sehen die Zukunftspläne von Eike Tholema aus? Auch da hat er klare Präferenzen: Die Arbeit bei Premium Aerotec will er nicht aufgeben, selbst wenn das Start-up – wie erwartet – gut läuft.
„Beim 3-D-Druck stehen alle Zeichen auf Expansion“, sagt er. Derzeit plant die Vareler, diesen Bereich zu erweitern. „Es gibt also weiter jede Menge spannende Herausforderungen“, so Tholema.