Hamburg. Online banking, online shopping, online learning – die Digitalisierung erfasst nahezu jeden Lebensbereich. „Jeder hat ein Smartphone oder einen Tablet-PC“, sagt Josef Buschbacher, Bildungsexperte und Berater im Bereich Aus- und Weiterbildung. „Das eröffnet unendlich viele Möglichkeiten“, fügt er hinzu.

Welche das sind, darüber hat der 45-jährige Coach aus Stuttgart kürzlich Unternehmer und Personalverantwortliche während einer Veranstaltung der „nordbildung“, des Bildungsverbunds der norddeutschen Metall- und Elektro-Industrie (M+E) unter Leitung der Arbeitgeberverbände Nordmetall und AGV Nord in Hamburg informiert.

Produktionsbezogene Grafiken, Erklärvideos und Texte

Er hat einen kleines blaues Kästchen mitgebracht, ein sogenanntes iBeacon. „Beacon“ steht im Englischen für „Leuchtfeuer“, also im übertragenen Sinn für Standortbestimmung. iBeacons greifen auf die Blue-Tooth-Verbindung von Smartphones oder Tablets zu und übermitteln dem User auf kleine Entfernungen standortbezogene Infos. Kommt ein Nutzer in die Nähe der iBeacons, öffnet sich seine App und er erhält beispielsweise kurze Erklärvideos zur Bedienung einer CNC-Maschine, Grafiken und Texte zur neuen automatischen Produktionslinie oder zu den Sicherheitsbestimmungen des Betriebs.

„Mit den iBeacons können wir die Aus- und Weiterbildung in den Betrieben neu gestalten und zielgruppengerecht entwickeln“, sagt Buschbacher. So könnten zum Beispiel individuelle Lernpfade für Azubis erstellt werden. „Die gehen dann mit ihrem Smartphone durch den Betrieb und werden über die App geführt“, erklärt der Bildungscoach. Das sei aber keine Einbahnstraße. Lerninhalte können auch abgefragt, Lernfortschritte in Datenbanken abgelegt und vom Lernenden verwaltet werden. Das hat Vorteile für Ausbilder und Auszubildende: Die Wissensvermittlung kann individuell und an den jeweiligen Wissenstand angepasst werden.

Das Ganze, so Bildungsexperte Buschbacher, mache auch noch Spaß. „Aktuelle Technologien tragen dazu bei, dass Lerninhalte spielerisch vermittelt werden können, ohne dabei an Gehalt zu verlieren.“ Diese Komponente der schönen neuen Bildungswelt nennt der Experte Gamification. Beispiel Quizduell: Azubis können gegeneinander antreten und ihre Kenntnisse über bestimmte Ausbildungsinhalte überprüfen.

Auch für Dietrich Weidmann, Leiter eines Informations- und Trainingscenters der Siemens AG, steht außer Frage, dass allein mit Lehrbüchern aus Papier und Lernen im Klassenverband zu festgelegten Zeiten die heutigen Weiterbildungsherausforderungen nicht gemeistert werden können.

„Es ist wichtig, dass wir die Lernenden durch viel Praxis möglichst nah an den täglichen Arbeitsprozessen schulen. Und zwar konkret dann, wenn der Bedarf entsteht“, erklärt er.

Firmen sehen Nachholbedarf beim Thema Industrie 4.0

Der Bedarf dafür ist auf jeden Fall vorhanden. Eine aktuelle Umfrage unter den norddeutschen Unternehmen der Metall- und Elektro-Industrie belegt, dass 78 Prozent der Firmen nach eigener Aussage noch nicht fit für Industrie 4.0 sind.

Peter Golinski, Geschäftsführer Bildung des Arbeitgeberverbands Nordmetall, sagt: „Wir haben diesen Umstand erkannt und bieten den Unternehmen gemeinsam mit der nordbildung zahlreiche Seminare, Informationsveranstaltungen und Workshops zum Thema an.“ Auftritte wie der von Josef Buschbacher sind ein gelungenes Beispiel dafür.