Hochbetrieb am Philips-Standort Hamburg. Rund 800 Mitarbeiter produzieren in dem Werk unweit des Flughafens seit Wochen rund um die Uhr Röntgenröhren, digitale Bildempfänger und Hochspannungsgeneratoren. Die Komponenten sind wichtige Bestandteile moderner bildgebender Systeme wie beispielsweise Computertomografen. Sie werden dringend zur Diagnose und Behandlung von Covid-19-Patienten gebraucht. Immer mehr Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen rund um den Globus fragen die Hightech-Produkte aus Hamburg nach.
„Normalerweise produzieren wir im Schnitt etwa 12.000 Röntgenröhren pro Jahr“, sagt Barbara Dahlke, die bei Philips Medical Systems in Hamburg als Teamleiterin für Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit zuständig ist. „Aber nun haben wir die Produktion wegen des hohen Bedarfs aufgrund der Coronakrise um rund 30 Prozent gesteigert.“
Geänderte Prozesse und neue Schichtsysteme
Was schon unter normalen Umständen anspruchsvoll ist, wird unter den verschärften Abstands-, Hygiene- und Sicherheitsregeln in Zeiten der Corona-Pandemie zu einem echten Kraftakt. Schichten müssen überdacht und entzerrt, Mitarbeiter informiert, neue Kollegen eingearbeitet und Lieferketten aufrechterhalten werden.
„Wir haben unsere Produktion räumlich strikt von allen anderen Bereichen getrennt“, sagt die promovierte Chemikerin Dahlke, die ein vierköpfiges Team aus Arbeitssicherheitsexperten, Umwelt- und Abfallbeauftragten leitet. „Seit Ausbruch der Pandemie beschäftigt sich mein Team fast ausschließlich mit den Auswirkungen der Corona-Situation.“
Selbst am 1. Mai wurde gearbeitet
Sofort nach Beginn der Viruskrise wurden die rund 800 Produktionsmitarbeiter und ihre 400 Kollegen in Forschung und Entwicklung vom Rest des Unternehmens getrennt und arbeiten seither in streng abgeschirmten Bereichen.
Philips schaffte es, die Produktion seiner Röntgenröhren wegen des hohen Bedarfs um 30 Prozent zu steigern
Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Einarbeitung neuer Kollegen. Barbara Dahlke: „Da sich bei bestimmten Unterweisungen oder Hilfestellungen die Mindestabstände nicht immer einhalten lassen, schreiben wir in diesen Fällen das Tragen von Masken und Plexiglasschilden vor.“
Strenge Hygiene-Regeln
Strenge Hygiene-Vorschriften gelten auch bei der Anlieferung von Einzelteilen. Lkw-Fahrer dürfen ihre Ware nicht mehr selbst entladen, sondern müssen während des gesamten Vorgangs in der Fahrerkabine bleiben.
Extra eingerichtet wurden eigene Toiletten für die Zulieferer. Ein strenges Hygienereglement gilt auch für die Umkleiden der Mitarbeiter. Weil Schichten zeitlich auseinandergezogen wurden, halten sich nun weniger Personen gleichzeitig in den Räumen auf.
Selbst am 1. Mai wurde gearbeitet
Seit Beginn der Krise fertigt Philips nicht nur im Dreischicht-Betrieb, sondern es werden auch Sonderschichten an Feiertagen und Wochenenden gefahren. „Wir haben beispielsweise Karfreitag und am 1. Mai sowie an Sonnabenden und Sonntagen gearbeitet“, berichtet Stefanie Grimmert, Gruppenleiterin der Röhrenfertigung.
Die Mitarbeiter ziehen dabei voll mit. „Die überwiegende Zahl leistet Mehrarbeit“, so Grimmert. „Sie sind alle hoch motiviert und sehr engagiert bei der Sache.“
Krisenstab eingerichtet
Zu den wichtigen Aufgaben in diesen besonderen Zeiten zählt auch die regelmäßige Information der Mitarbeiter. „Ende Februar haben wir einen Krisenstab eingerichtet, in dem Vertreter des Managements, der Produktion, der Arbeitssicherheit und der Kommunikation über die tägliche Situation beraten“, sagt Dahlke.
Daraus resultieren dann zum Beispiel gruppenspezifische Mailings an die Belegschaft, etwa an den Kundendienst, die Verwaltung oder die Produktion. Der in Aachen beheimatete Philips-Betriebsarzt Michael Suchodoll sendet regelmäßig Videobotschaften zu aktuellen Themen und hat eine wöchentliche Fragestunde eingerichtet, die im Netz zu erreichen ist und die laut Firmensprecher Sebastian Lindemann sehr gut angenommen wird.
„Plexiglas wird das neue Gold“
Oft genug müssen die „Pandemie-Krisenmanager“ aber auch mit besonderen Herausforderungen umgehen. So fehlte es zu Anfang der Krise vor allem an Masken und Desinfektionsmittel. „Das hat sich inzwischen zwar ein wenig gebessert, aber wir verwalten stellenweise immer noch den Mangel“, bilanziert Barbara Dahlke.
Sie macht sich zudem schon jetzt Gedanken darüber, wie die Arbeit langfristig unter sicheren hygienischen Bedingungen weitergehen kann. „Plexiglas wird das neue Gold“, sagt sie und meint damit, dass Arbeitsplätze in Büro und Produktion durch Kunststoffscheiben sicher voneinander getrennt werden können.
Eine positive Folge der Krise hat sie aber bereits jetzt feststellen können: „Wir bei Philips, und ich glaube, ich kann dabei für alle Kollegen sprechen, sind stolz darauf, die Menschen im Gesundheitswesen mit unseren Produkten zu unterstützen und so einen Beitrag im Kampf gegen das Virus zu leisten.“
Als Geschäftsführer einer Bremer Kommunikationsagentur weiß Lothar Steckel, was Nordlichter bewegt. So berichtet er für aktiv seit mehr als drei Jahrzehnten vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie, Logistik- und Hafenwirtschaft, aber auch über Kultur- und Freizeitthemen in den fünf norddeutschen Bundesländern.
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