Seit 2001 bietet der Girls’ Day Schülerinnen alljährlich die Möglichkeit, Wirtschaftsbetriebe zu besuchen und einen Blick in die berufliche Zukunft zu werfen. Bei ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) in Kiel ist das durchaus wörtlich zu verstehen, denn dort wartet auf die Teilnehmerinnen ein einzigartiges Highlight – sie dürfen am Ende auf den riesigen Portalkran des Nachbarbetriebs German Naval Yards Kiel (GNYK) und von dort auf das weitläufige Werftgelände schauen, wo schon Hunderte von Schiffen gebaut wurden.
Hier oben hat man nach anderthalb Minuten Aufzugfahrt aus rund 100 Meter Höhe einen grandiosen Blick auf die Kieler Förde und weit darüber hinaus. Aber das ist noch nicht alles. Denn die Werft hat auf dem Portalkran, der mit 900 Tonnen Tragkraft der stärkste seiner Art im Ostseeraum ist, eine Lounge installieren lassen, die in dieser Form wohl weltweit einzigartig ist.
Eine Lounge auf dem 100 Meter hohen Kran
Die Schülerinnen sind mächtig beeindruckt. Eine zeigt Richtung Süden und sagt: „Schau mal, da drüben liegt der Kindergarten, in dem ich jahrelang war. Und sogar unsere Schule kann man erkennen, wenn man genau hinschaut.“
Am anderen Fenster steht Cem Selvi und schaut auf das Viertel, in dem er aufwuchs. Der 38-Jährige ist seit 2004 bei TKMS, als das Unternehmen noch HDW (Howaldtswerke-Deutsche Werft) hieß, und wurde 2018 Leiter des Ausbildungsbereichs, in dem über 200 Nachwuchskräfte ihr Handwerk lernen.
Neue Räume für die Lehrwerkstatt
„Sehen Sie das rote Gebäude da unten auf dem Gelände des Marinearsenals?“, fragt er. „Das wird unsere neue Ausbildungswerkstatt. Die Umbauarbeiten laufen bereits, und mit etwas Glück können wir 2023 oder 2024 einziehen.“
Ausbildung hat einen hohen Stellenwert bei TKMS in Kiel
Genau passend also für die jungen Besucherinnen, die neben ihm stehen. Sie werden in zwei bis drei Jahren mit der Schule fertig sein und dann ins Berufsleben eintreten. „Und natürlich würden wir uns freuen, wenn einige dann auch zu uns kommen“, sagt Selvi.
Ausbildungsangebote ausführlich vorgestellt
Daher hat der Girls’ Day für TKMS einen hohen Stellenwert. Er gibt dem Betrieb die Chance, die eigenen Ausbildungsangebote ausführlich vorzustellen, und gleichzeitig haben die Schülerinnen die Möglichkeit, das Unternehmen von innen kennenzulernen. Am heutigen Girls’ Day nehmen rund 20 Mädchen teil, die von verschiedenen Schulen der Fördestadt kommen. Einige von ihnen wurden von ihren Lehrern über dieses Angebot informiert, andere haben einen familiären Bezug, weil ein Angehöriger hier arbeitet.
Azubis übernahmen die Organisation
Betreut werden sie von sieben weiblichen Auszubildenden, die schon mehrere Wochen vor dem Girls’ Day mit der Planung begonnen hatten und ein umfangreiches Programm auf die Beine gestellt haben. „Wir haben diese Aufgabe bewusst den Azubis überlassen“, erklärt Cem Selvis Kollegin Lina Hansen. „Sie sind altersmäßig nah dran an den Schülerinnen und können bei so einem Projekt selber noch eine Menge lernen.“
Zum Auftakt des Tages geht es in die „Oceanworld“ von TKMS, ein modernes Präsentationszentrum mit einer 14 Meter breiten Videowand und einem leistungsstarken Soundsystem. Die Wirkung ist beeindruckend, die großen Fregatten und U-Boote, die in dem animierten Einführungsfilm auf die Betrachter zufahren, wirken erstaunlich realistisch und nahezu dreidimensional. Mit einer Tüte Popcorn wäre es fast wie Kino …
Auch das Praktische kam nicht zu kurz
Aber heute ist ja nicht Kinotag, sondern Girls’ Day. Deshalb wird nach dem Film und der Begrüßung durch Ausbildungsleiter Selvi erst mal die Garderobe gewechselt – alle Schülerinnen erhalten einen blauen Overall, da später noch praktische Übungen in der Ausbildungswerkstatt anstehen.
Konkret sind zwei Dinge geplant, wie die angehende Konstruktionsmechanikerin Doreen Gehlsen (19) aus dem Azubi-Team erzählt. Eine Gruppe soll auf dem 3-D-Drucker der Ausbildungswerkstatt Schlüsselanhänger in Form eines Ankers fertigen, die andere Gruppe schneidet aus Alublech kleine Puzzleteile, aus denen man wie beim chinesischen Tangram-Spiel verschiedene Muster legen kann.
Ein Erinnerungsstück für jede Teilnehmerin
Beides durchaus anspruchsvoll, wie sich wenig später zeigt, denn für die Anker braucht man Computer-Know-how und für die Puzzleteile handwerkliches Geschick und viel Kraft. „Natürlich haben wir das Zuschneiden der Blechteile vorher ausprobiert“, erzählt Doreen, „aber einige Mädchen sind körperlich einfach noch nicht stark genug, um mit der Blechschere zu arbeiten. Da helfen wir dann, ist ja klar.“
Eine Kollegin ergänzt: „Andere Schülerinnen hatten noch nie ein Werkzeug in der Hand, wie sich jetzt zeigt. Für die ist dieser Tag ein ganz besonderes Erlebnis, weil sie am Ende ein Souvenir mit nach Hause nehmen können, das sie selbst angefertigt haben.“
„Der Girls’ Day ist eine tolle Sache für alle Beteiligten“
Das Konzept geht auf – nachdem die erste Scheu sich gelegt hat, sind die Schülerinnen mit Begeisterung bei der Sache und nehmen am Ende sichtlich stolz ihre kleinen Anker und Puzzlespiele in Empfang.
Auch Cem Selvi und sein Azubi-Team sind zufrieden. „Der Girls’ Day ist eine tolle Sache für alle Beteiligten“, bilanziert Selvi. „Die Mädchen konnten sich in Ruhe alles ansehen und ein Gefühl dafür entwickeln, wie spannend und abwechslungsreich die Arbeit auf einer Werft ist. Und wir konnten uns präsentieren und über die beruflichen Angebote von TKMS informieren.“
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Der gebürtige Westfale ist seit über 35 Jahren im Medienbereich tätig. Er studierte Geschichte und Holzwirtschaft und volontierte nach dem Diplom bei der „Hamburger Morgenpost“. Danach arbeitete er unter anderem bei n-tv und „manager magazin online“. Vor dem Wechsel zu aktiv im Norden leitete er die Redaktion des Fachmagazins „Druck & Medien“. Wenn er nicht in den fünf norddeutschen Bundesländern unterwegs ist, trainiert er für seinen dritten New-York-Marathon.
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