Kleinvieh macht auch Mist, heißt es, und dass das stimmt, zeigt eindrucksvoll das Beispiel des Kieler Klärwerks am Westufer der Förde: Dort konnte der Stromverbrauch durch einen kleinen Eingriff massiv gesenkt werden, was dem Stadtkämmerer eine Ersparnis von rund 30.000 Euro im Jahr bescherte.
Möglich wurde diese Optimierung durch den Einbau neuer Pumpen aus der Fertigung eines Mittelständlers, der vor 90 Jahren in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt entstand. Die Edur-Pumpenfabrik zählt zu den „Hidden Champions“ der norddeutschen Wirtschaft und ist in ihrer Nische so erfolgreich, dass der Umsatz in den vergangenen sieben Jahren glatt verdoppelt werden konnte.
Einsatz in U-Booten, Industriebetrieben, Biokraftstoff-Anlagen und Tanklagern
Hauptprodukt des Unternehmens ist die Mehrphasenpumpe, eine spezielle Kreiselpumpe, die auch Gemische aus Flüssigkeiten und Gasen transportieren kann. Edur-Geschäftsführer Jürgen Holdhof: „Unsere Pumpen sind technologisch anspruchsvolle Produkte, die weltweit nur ganz wenige Hersteller fertigen können.“
Konkret gibt es bei der Mehrphasenpumpe laut Holdhof weltweit nur zwei Anbieter, die dieses Metier beherrschen. Einsatz finden die Edur-Pumpen unter anderem in Industriebetrieben, Tanklagern und Kälteanlagen, auf Bohrinseln und in der Wasserwirtschaft. Auch Werften werden von Edur beliefert, etwa dann, wenn es um den Kühlwasser-Kreislauf von Brennstoffzellen-U-Booten geht.
Eine der Pumpen hängt in der Montagehalle gerade am Haken und wird von Lackierer Tem Brüning in die Spritzkabine befördert. Routiniert greift er nach der Sprühpistole und verpasst der Pumpe einen hellgrauen Anstrich. „Wir haben wie die meisten Hersteller eine eigene Hausfarbe“, sagt er, „aber in der Regel wird die Pumpe in der Optik ausgeliefert, die der Kunde wünscht.“
Die mausgraue Aufmachung täuscht leicht darüber hinweg, dass es sich bei den Pumpen um echte Hightech-Geräte handelt. Geschäftsführer Holdhof: „Unsere Spezialität ist die intelligente Pumpe mit Sensoren und smarter Antriebstechnik. Hier liegt ein enormes Potenzial für Kunden.“
Bislang nämlich, so die Erfahrung der Edur-Experten, haben viele Firmen die Einsparpotenziale in ihrem Betrieb noch gar nicht realisiert, weil sie sich zu sehr auf andere Aspekte konzentrieren und das Pumpen-Thema eher stiefmütterlich behandeln. Ein Fehler, denn Pumpen zählen wegen ihres Stromverbrauchs zu den wichtigsten Kostenverursachern.
Holdhof: „Pumpen aller Art sind für ein Fünftel des gesamten Stromverbrauchs innerhalb der Europäischen Union verantwortlich. Dabei bringt allein die optimale Regelung der Leistung eine Stromersparnis von bis zu 20 Prozent. Weitere 10 Prozent ergeben sich durch eine angepasste, also kleinere Auslegung der Anlagen.“
Der Fall, dass zu große Pumpen verbaut werden, ist laut Holdhof übrigens keine Seltenheit. In der Praxis sind relativ viele Anlagen zu großzügig ausgelegt, weil Konstrukteure mit überdimensionierten Sicherheitszuschlägen arbeiten, um auf Nummer sicher zu gehen. Das ist bei smarten Pumpen mit elektronischer Regelung jedoch nicht zwingend erforderlich.
Als das Unternehmen am 1. April 1927 von dem 25-jährigen Ingenieur Eduard Redlien gegründet wurde, gab es diese technischen Möglichkeiten noch nicht. Redliens Geschäftsgrundlage war eine selbstansaugende Kreiselpumpe, die er Anfang der 20er Jahre entwickelte, patentieren ließ und in kleinen Stückzahlen für die Wasserversorgung in den Markt brachte. Anders als die damals üblichen Pumpen hatten Redliens Modelle eine extrem hohe Betriebssicherheit und gute Wirkungsgrade. Abnehmer waren Landwirte, Molkereien und Gewerbetreibende, aber auch Privathaushalte.
1959 kam es zu einer harten Bewährungsprobe. Das Geschäft stagnierte, weil der Pumpenmarkt für die Wasserversorgung gesättigt war, und der Gründer verstarb völlig unerwartet. In dieser Situation gelang es seiner Witwe, die Firma zu retten und die Produktion fortzuführen. Ende der 80er Jahre erfolgte schließlich die strategische Neuausrichtung: weg von der Serienfertigung handelsüblicher Standardpumpen, hin zu kundenorientierten Nischenprodukten.
Belegschaft deutlich vergrößert, Energieverbrauch reduziert
Das Unternehmen ist inzwischen auf rund 120 Mitarbeiter gewachsen und in eine neue Zentrale umgezogen, nachdem die alte zu klein geworden war. Der Neubau im Gewerbegebiet Wellsee wurde gleichzeitig genutzt, um einige Dinge im Betrieb komplett zu ändern.
Die Arbeitsplätze wurden digital vernetzt, und der Energieverbrauch konnte drastisch gesenkt werden. Möglich wurde das durch Maßnahmen wie kontrollierten Tageslichteinfall, automatisierte Lichtsteuerung, moderne Wärmedämmung und eine Klimatisierung durch eine Gas-Wärmepumpe.
Technisch gesehen …
Wie funktioniert eine Kreiselpumpe?
Die Kreiselpumpe wurde bereits Ende des 17. Jahrhunderts vom französischen Physiker Denis Papin erfunden und ist heute der meistverwendete Pumpentyp für industrielle Zwecke. Das liegt vor allem an der einfachen und stabilen Bauart. Herzstück der Pumpe ist das Laufrad, das über eine Antriebswelle in Bewegung versetzt wird. Dadurch wird die Flüssigkeit beschleunigt und durch die Zentrifugalkraft an den äußeren Rand des Laufrads geschleudert. So wird die Flüssigkeit durch die Austrittsöffnung befördert und gleichzeitig ein Unterdruck an der Eintrittsöffnung erzeugt.
Für jeden Anwendungszweck ein eigener Pumpentyp – je nach Bedarf
Kreiselpumpen gibt es in verschiedenen Bauarten: Man unterscheidet üblicherweise Radial-, Halb- axial- und Axialpumpen (auch Propellerpumpen genannt). Am weitesten verbreitet sind Radialpumpen und Axialpumpen.
Die weitere Einteilung der Kreiselpumpen orientiert sich an der Form der Laufräder, am Antrieb, an der Stufenzahl, am Gehäuseaufbau und mitunter auch an der Art des Fördermediums. Da es für jede Pumpenkomponente verschiedene Formen gibt, ergibt sich eine fast unendliche Zahl an möglichen Kombinationen und daher eine große Vielfalt an Kreiselpumpen-Typen für jeden Zweck.
Der gebürtige Westfale ist seit über 35 Jahren im Medienbereich tätig. Er studierte Geschichte und Holzwirtschaft und volontierte nach dem Diplom bei der „Hamburger Morgenpost“. Danach arbeitete er unter anderem bei n-tv und „manager magazin online“. Vor dem Wechsel zu aktiv im Norden leitete er die Redaktion des Fachmagazins „Druck & Medien“. Wenn er nicht in den fünf norddeutschen Bundesländern unterwegs ist, trainiert er für seinen dritten New-York-Marathon.
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