Das Jahr 1904 war ein ereignisreiches Jahr, in dem viele Dinge geschahen, die bis heute nachwirken. In Amerika wurde die erste Schneekette für Autos patentiert, in Paris entstand der Fußball-Weltverband Fifa, auf der Ostsee testete der Erfinder Hermann Anschütz erstmals erfolgreich seinen Kreiselkompass, und in Rostock wurde ein Werk von Siemens-Schuckert eingeweiht.
Der Betrieb im Stadtteil Schmarl existiert immer noch, auch wenn es in den 120 Jahren seit der Gründung einige Eigentümer-, Namens- und Strategiewechsel gab. Mittlerweile ist daraus die SEAR-Gruppe geworden, einer der führenden deutschen Anbieter für komplexe elektrotechnische Montagen im On- und Offshore-Bereich und auf dem Gebiet der Energieverteilung.
Vom Azubi zum Unternehmer
Zu verdanken ist das unter anderem der Energiewende und dem damit verbundenen Auftragsvolumen. Geschäftsführer Michael Schmidt: „SEAR hat als einer der führenden Dienstleister über 80 Prozent der HGÜ-Stationen für Offshore-Windparks in der Nord- und Ostsee für deutsche Betreiber ausgerüstet. Und der Markt boomt weiter, auch wenn die Rahmenbedingungen für Unternehmen in diesem Bereich nicht immer einfach sind.“
100 Millionen Euro hat SEAR im Auftragsbestand
Schmidt weiß, wovon er spricht, der gebürtige Rostocker ist ein Eigengewächs von SEAR und kennt den Betrieb seit 1991. Er absolvierte dort eine Ausbildung als Energie- Elektroniker, wurde bald mit wichtigen Aufgaben betraut und übernahm 2020 mit seinem Kollegen Alexander Ciupka die Geschäftsführung der SEAR-Gruppe. Wenig später wurden sie zudem Gesellschafter, nachdem ein früherer Geschäftsführer seine Anteile an die beiden abgab.
Auch ansonsten hat sich einiges geändert bei SEAR. Ciupka: „Wir sind nun eine Holding mit insgesamt rund 250 Mitarbeitern, die vier starke Firmen unter einem Dach vereint: die SEAR GmbH, die ESSI GmbH, MAR Rostock und SEAR Polska.“
ESSI ist ein Gemeinschaftsunternehmen der SEAR-Gruppe und der EMIS Gruppe. Michael Schmidt: „Die Gründung von ESSI hat es uns ermöglicht, das Beste aus zwei Welten zu vereinen. Mit der Errichtung und digitalen Vernetzung von Infrastrukturen sorgen wir gemeinsam dafür, dass elektrische Energie nicht nur effizienter, sondern auch intelligenter wird.“ SEAR Polska ist die polnische Niederlassung der SEAR GmbH, die seit über 20 Jahren anspruchsvolle Projekte der Energiewirtschaft in Europa und weltweit umsetzt.
Der Firmenname MAR wiederum steht für „Marine- und Automatisierungstechnik Rostock“. Das Unternehmen entstand 1996 und ist spezialisiert auf innovative und effiziente Lösungen in Sachen Software-Entwicklung, Automatisierung und Produktionsmanagement – an Land und in maritimer Umgebung.
Geballtes Know-how aus vielen Jahren Praxis
Seine Entstehung verdankt die Gruppe einem Management-Buy-out (MBO) im Jahr 2006. Damals kaufte der gebürtige Schwabe Thomas Lambusch, der später Präsident des Arbeitgeberverbands Nordmetall wurde, gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Mayk Wiese die Firma aus der Interschalt-Gruppe der Deutschen Seereederei heraus und wurde so vom Manager zum Unternehmer. Zuvor hatte er in leitender Funktion für Siemens gearbeitet, und Wiese war als Finanzvorstand bei Interschalt tätig.
250 Beschäftigte hat die SEAR-Gruppe derzeit
Das vereinte Know-how der frischgebackenen Unternehmer zahlte sich aus, SEAR erhielt schon bald Aufträge für größere Projekte. Eines davon war „Baltic 1“, der erste kommerzielle deutsche Windpark in der Ostsee. Er wurde im Mai 2011 in Betrieb genommen und besteht aus 21 Siemens-Turbinen und einer Umspannplattform, die von SEAR mit der elektrotechnischen Installation ausgestattet wurde. Weitere Aufträge in diesem Bereich folgten.
Vielen Dienstleistern fehlt die Expertise
„Eine der zentralen Herausforderungen beim Umbau der deutschen Energiewirtschaft war von Anfang an der Transport des Ökostroms in die Regionen, die ihn brauchen“, sagt Alexander Ciupka. „Was fehlte, war die Infrastruktur. Vor allem der Windstrom wird ja überwiegend im Norden gewonnen, vor allem auf dem Meer, und wir sorgen dafür, dass er zu den Industriestandorten im Süden kommt.“
Dabei spielt das Thema HGÜ, also Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung, eine entscheidende Rolle. Michael Schmidt: „In den ersten Jahren der Energiewende gab es nicht viele Dienstleister, die die nötige Expertise dafür hatten. Wir haben unseren ersten HGÜ-Auftrag bereits 2012 bekommen. Das war damals echte Pionierarbeit.“
Attraktive Konditionen für Fachkräfte
Um auch künftig für alle Herausforderungen gewappnet zu sein, legt die SEAR-Gruppe großen Wert auf Nachwuchs- und Personalarbeit. Schmidt: „Wir spielen in der Champions League, und dort kann man nur bestehen, wenn man technisch und personell gut aufgestellt ist. Daher bilden wir selber aus und bieten unseren Beschäftigten Konditionen, die im Mittelstand keineswegs selbstverständlich sind.“
Dazu gehören nicht nur eine tarifliche Bezahlung mit Urlaubs- und Weihnachtsgeld, sondern auch viele weitere Benefits wie 30 Tage Jahresurlaub und betriebliche Altersversorgung. „Außerdem“, so Geschäftsführer Schmidt, „bieten wir eine flexible Arbeitszeit sowie wahlweise ein Trennungsgeld oder zehn zusätzlich freie Tage, Dienstwagen für Vielfahrer, Jobtickets, Gratifikationszahlungen zu besonderen Anlässen, mobiles Arbeiten und Unterstützung beim berufsbegleitenden Studium.“
120 Jahre Erfahrung
- Nach der Gründung im Jahr 1904 durchlief das Rostocker Unternehmen, das damals noch zu Siemens-Schuckert gehörte, mehrere Eigentümer-, Strategie- und Namenswechsel. 2006 übernahm Thomas Lambusch den Betrieb gemeinsam mit Mayk Wiese.
- Heute ist SEAR ein Verbund von vier Firmen. Die Gruppe beschäftigt rund 250 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2023 einen Umsatz von etwa 50 Millionen Euro.
Der gebürtige Westfale ist seit über 35 Jahren im Medienbereich tätig. Er studierte Geschichte und Holzwirtschaft und volontierte nach dem Diplom bei der „Hamburger Morgenpost“. Danach arbeitete er unter anderem bei n-tv und „manager magazin online“. Vor dem Wechsel zu aktiv im Norden leitete er die Redaktion des Fachmagazins „Druck & Medien“. Wenn er nicht in den fünf norddeutschen Bundesländern unterwegs ist, trainiert er für seinen dritten New-York-Marathon.
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