Gesucht würden „engagierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Leidenschaft für den Schiffbau“, hieß es in der Einladung, mit der die Neptun Werft für ihren Bewerbertag im Herbst geworben hatte, und offenbar gibt es einige Kandidaten dieser Art in Rostock. So viele jedenfalls, dass sich an diesem Samstagmorgen etwa ein Dutzend Interessenten im Verwaltungsgebäude der Werft eingefunden haben, um mehr über die Arbeitsmöglichkeiten in dem Betrieb zu erfahren. Der Tag hat herbstlich begonnen, aber als es um 10 Uhr losgeht, scheint eine warme Morgensonne durch die Scheiben des Foyers, in dem die Gäste von Personalleiterin Claudia Klasen begrüßt werden.

Diskrete Gespräche mit Interessenten

Der Bewerbertag diene vor allem einem ersten persönlichen Kontakt und der Möglichkeit, das Unternehmen aus nächster Nähe kennenzulernen, sagt die HR-Expertin.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Neptun Werft für eine Veranstaltung dieser Art ihre Tore geöffnet hat. Das bereits seit 1850 in Rostock existierende Unternehmen hat derzeit einen guten Lauf und ambitionierte Zukunftspläne, was einen erhöhten Personalbedarf mit sich bringt. Auf der Homepage des Betriebs, der rund 500 Beschäftigte hat, sind mehr als 60 Stellen ausgeschrieben – vom Rohrschlosser über den Qualitätsbeauftragten bis hin zum Projektmanager.

In Zeiten, in denen Fachkräfte rar geworden sind, genüge es nicht mehr, „Stellenanzeigen zu schalten oder auf Jobbörsen zu gehen“, begründet Claudia Klasen die Initiative, potenzielle Bewerber vor Ort im Betrieb zu begrüßen. Ein besonderer Vorteil bestünde auch darin, „dass die Menschen, die aus eigenem Antrieb zu uns kommen, etwas wollen und daher gut vorbereitet sind“. 

Das Auftragsbuch der Werft ist gut gefüllt

Die Erfolgsquote spreche für sich; im Schnitt würden rund 30 Prozent der geführten Gespräche laut Klasen in weiteren Vorstellungsrunden und letztlich in Einstellungen münden.

Zum heutigen Job-Dating sind Fachkräfte aus verschiedenen Altersklassen erschienen, die alle schon über berufliche Erfahrungen verfügen, in anderen Betrieben fest angestellt sind und gern in der Neptun Werft anheuern möchten. Entsprechend diskret werden die Einzelgespräche geführt, die sich nach einem einführenden Vortrag über die Entwicklung und das Profil der Neptun Werft anschließen.

Die jeweiligen Motive für einen Wechsel sind sehr unterschiedlich und individuell. Da gibt es den Projektleiter und jungen Familienvater aus der Umgebung von Rostock, der Wohn- und Arbeitsort näher zusammenbringen möchte. Im anderen Fall ist die ersehnte Rückkehr in die Heimat für eine gebürtige Mecklenburgerin ausschlaggebend, sich nach einem Job an der Küste umzuschauen. Zwei andere Interessenten sind gekommen, weil in ihrem aktuellen Betrieb eine gewisse Verunsicherung herrscht, die sie veranlasst, eine berufliche Alternative in der Hansestadt zu erkunden.

500 Beschäftigte hat die Werft aktuell

Aus der Erfahrung früherer Bewerbertage weiß Personalleiterin Claudia Klasen auch um den „emotionalen Moment“, der von der Schiffbauproduktion der Werft ausgeht und mit Einfluss darauf hat, dass sich veränderungswillige Arbeitnehmer gezielt das Unternehmen am Warnemünder Warnowufer auswählen. Mehr als 1.500 Schiffe wurden seit Gründung der Neptun Werft bereits gebaut. In jüngerer Vergangenheit waren dies vor allem Gastanker und Fähren, Flusskreuzfahrtschiffe und Maschinenraum-Module für größere Kreuzfahrtschiffe.

Gegenwärtig werde das Produktportfolio den neuen Anforderungen im Markt angepasst, erzählt Claudia Klasen den aufmerksamen Zuhörern. „Zurzeit arbeiten wir einen Auftrag für insgesamt zehn Flusskreuzfahrtschiffe ab, von denen drei bereits auf Kiel gelegt wurden. Hinzu kommen zwei Versorgerschiffe für die Deutsche Marine, für deren Bau die Neptun Werft in Arbeitsteilung mit anderen Werften maßgeblich beauftragt wurde.“

Hingegen würden die komplett ausgerüsteten und bis zu 140 Meter langen Maschinenraum-Module, die in den letzten Jahren an die Meyer Werften in Papenburg und im finnischen Turku geliefert wurden, künftig weniger gebaut.

Joint Venture mit Stahlbauer Smulders

Dann verweist die Personalchefin mit einem Blick durch die Fenster auf das Gelände unweit des Verwaltungsgebäudes. Neben den Produktionshallen, die vor einiger Zeit von einem ehemaligen Schiffsmotorenhersteller am Standort übernommen wurden, plant die Werft, eine größere Fläche samt Hallen vom benachbarten Marinearsenal Warnowwerft längerfristig zu mieten.

Es ist ein Blick auf die Zukunft der Neptun Werft. Geplant ist, auf dem Areal an der Kaikante gewaltige Konverter-Plattformen für Offshore-Windparks zu fertigen. Eigens für diese Produktsparte wurde ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem belgischen Stahlbauer Smulders gegründet. Bis zu 500 neue Jobs könnten bei Neptun Smulders entstehen.

174 Jahre alt ist das 
Unternehmen

Wie ein Schiff gebaut wird und welche Fähigkeiten und Qualifizierungen die Werftarbeiter dafür benötigen, davon können sich die Gäste bei einem Rundgang durch die Hallen der Werft ein Bild machen. Fachkundig geführt werden sie von den beiden Bereichsmeistern Kevin Kroos und Thomas Drebelow. Während sich Drebelow in seiner Frühschicht die Zeit nimmt, den möglichen künftigen Kolleginnen und Kollegen seine Arbeit zu schildern, ist Kevin Kroos an seinem arbeitsfreien Sonnabend extra auf die Werft gekommen, um seinen Kollegen Drebelow zu unterstützen und zudem über den eigenen beruflichen Werdegang in dem Unternehmen zu berichten.

Moderne Technik für mehr Umweltschutz

Kroos arbeitet seit seinem 19. Lebensjahr auf der Werft, erlernte hier den Beruf des Konstruktionsmechanikers. Bis 2018 schweißte er an zahlreichen Neubauten mit, zuletzt auch an speziellen Bordtanks für verflüssigtes Erdgas (LNG), wie es inzwischen auf einigen Kreuzfahrtschiffen verwendet wird, um die Schadstoffemissionen auf dem Meer zu reduzieren. Das ist technisch durchaus anspruchsvoll, wie Kroos erklärt: „LNG-Tanks erfordern eine besonders hohe Qualität der Schweißnähte, weil das Erdgas im flüssigen Zustand auf minus 162 Grad Celsius heruntergekühlt ist.“ Kroos weiß, wovon er spricht, der 35-jährige Rostocker qualifizierte sich in seinem Fach zum Meister und Schweißer-Lehrer und leitet seit fünf Jahren den Meisterbereich Schiffbau.

Vom 43-jährigen Bereichsmeister Drebelow erfährt die Bewerbergruppe in Halle 8, dass auch auf den neuen Flusskreuzfahrtschiffen der Ausstoß von Schadstoffen eingedämmt wird. Die Schiffe werden dazu mit moderner Technik zur Abgasnachreinigung ausgerüstet.

Drebelow: „Insgesamt sind die Bordsysteme der Neubauten sehr energieeffizient ausgelegt.“ Dies sei in der Schiffsentwicklung und -konstruktion heutzutage das A und O und werde von den Auftraggebern auch gefordert.

Auch Bewerbertage für Auszubildende

In Halle 8 können die Gäste zwei im Bau befindliche Flusskreuzfahrtschiffe in Augenschein nehmen und sind schwer beeindruckt von der „Dimension der Fertigungsprozesse“, wie einer sagt. Ein anderer ist angetan davon, welche „komplexen Aufgaben“ zu bewältigen und wie die „Prozessabläufe organisiert“ sind.

Die Vorstellung, hierbei eines Tages selber mitzuwirken, hat der Rundgang bei einigen Teilnehmern der heutigen Veranstaltung durchaus bestärkt. „Auch wenn das Anforderungsprofil nicht in jedem Fall eins zu eins zum Bewerber passt, ist das nicht zwingend ein Ausschlusskriterium“, betont Personalleiterin Klasen. Bei themennaher beruflicher Erfahrung und sozialer Kompetenz gebe es Wege und Möglichkeiten, dass beispielsweise eine fachliche Weiterbildung den Einstieg auf der Neptun Werft ebnet und gelingen lässt.

Für junge Menschen, die nach dem Schulabschluss die Neptun Werft als eine Option zum Start ins Berufsleben erwägen, veranstaltet der Schiffbaubetrieb regelmäßig Bewerbertage speziell für angehende Azubis. Zur Auswahl stehen die Ausbildungsberufe Elektroniker für Betriebstechnik, Konstruktionsmechaniker für Metall- und Stahlbau, Industrieelektriker und Industriemechaniker Maschinen- und Anlagenbau. Gegenwärtig hat das Rostocker Unternehmen insgesamt 32 Auszubildende unter Vertrag. 

Erfolgreicher Schiffbauer

  • Nach der Wende und einer ersten Privatisierungswelle im einstigen volkseigenen Schiffbau der DDR übernahm 1997 die Meyer Gruppe die Neptun Werft. Heute arbeiten dort rund 500 Fachkräfte.
  • Im Jahr 2000 zog der Betrieb vom stadtnahen Standort in Rostock in den Norden der Hansestadt.
  • Seit der Gründung im Jahr 1850 entstanden mehr als 1.500 Schiffe unter dem Label Neptun Werft. In den vergangenen Jahren fokussierte sich das Unternehmen darauf, Flusskreuzfahrtschiffe und komplett ausgerüstete Maschinenraum-Module für Kreuzfahrtschiffe zu bauen.

Aktueller Blick in norddeutsche Betriebe

Empfohlener externer Inhalt: OpenStreetMap

Dieser Artikel wird an dieser Stelle durch einen externen Inhalt von OpenStreetMap bereichert, den unsere Redaktion ausgewählt hat. Bevor wir diesen Inhalt anzeigen, benötigen wir Ihre Einwilligung. Natürlich können Sie das Element eigenhändig wieder deaktivieren oder Ihre Cookies löschen.