Wer die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie wichtig findet, sollte bei der Berufswahl gut überlegen. Eine Tätigkeit als Koch jedenfalls wäre nicht zu empfehlen. Köche haben meist viel Stress, wenig Freizeit und selten ein ausreichendes Einkommen. Will man dann noch eine Familie gründen, wird es schwierig. Sehr schwierig.

Rene Riebesam kann das bestätigen. Der gebürtige Wolfener war vor seinem Wechsel zu Philips in Hamburg acht Jahre lang als Koch für gastronomische Betriebe tätig, immer sehr ambitioniert und mit maximalem Einsatz. Aber das reichte ihm auf Dauer nicht. Also besuchte er die Abendschule und holte das Abitur nach. Anschließend machte er Karriere als Sales Manager – erst im Nahrungsmittel-Sektor, dann im Kreditwesen.

Mitte 2022 folgte der nächste Wechsel, Riebesam erhielt ein Angebot von Philips und nahm an. Seitdem arbeitet er als Vertriebs- und Service-Spezialist im Ultraschallbereich des Unternehmens und berät Kunden bei der Auswahl der Geräte.

Jetzt können die Väter sich auch einbringen

Auch familiär läuft es gut für den 36-Jährigen. Nachdem er bereits zwei Söhne hatte, wurde er Mitte Oktober 2024 Vater einer Tochter. „Wir sind überglücklich mit der kleinen Hailey“, sagt er. „Sie ist unser aller Sonnenschein.“

Eine große Hilfe für die Eltern in der ersten Phase nach der Geburt war ein neues Angebot, mit dem Philips seine Beschäftigten bei der Familiengründung unterstützt. Es läuft unter dem Begriff „Partnerzeit“ und wurde Mitte 2024 als Pilotprojekt eingeführt.

„Wir haben uns immer schon für die familiären Belange unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt“, sagt Anna Brack, die bei Philips für den Personalbereich zuständig ist. „Insbesondere die Idee, dass Väter sich nach der Geburt ihres Kindes um den Nachwuchs und die Mutter kümmern, fanden wir absolut sinnvoll. Denn oft ist es ja so, dass der Vater nach wenigen Tagen wieder arbeiten muss. Dann sitzt die Mutter allein zu Hause, obwohl sie gerade in der Phase jede Hilfe brauchen könnte. Das wollten wir ändern.“

Gesetzentwurf noch nicht beschlossen

Ein kleiner Exkurs an dieser Stelle: Auch die Politik befasst sich mit dem Thema. Seit März 2023 gibt es einen Referentenentwurf der Bundesregierung zur „Einführung eines Freistellungsanspruchs für den Partner oder die Partnerin nach der Entbindung und zur Änderung anderer Gesetze“. Hintergrund ist die EU-Richtlinie (2019/1158/EU) zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die nach Auffassung der Europäischen Kommission von deutscher Seite nicht richtig umgesetzt wurde. Verabschiedet allerdings hat der Bundestag das Familienstartzeit-Gesetz bis heute nicht.

Philips war schneller. Das Unternehmen, das seine deutsche Zentrale in Hamburg hat, teilte den Beschäftigten Mitte vergangenen Jahres mit, dass sie ab sofort 14 Tage Partnerzeit beantragen können, wenn sie Nachwuchs bekommen.

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Anna Brack: „Damit bieten wir an den deutschen Philips-Standorten allen Partnern und Partnerinnen eine bezahlte Freistellung von zwei Wochen, sobald sie Eltern werden. Die Initiative gilt natürlich auch für gleichgeschlechtliche Paare und kann problemlos mit der gesetzlichen Elternzeit kombiniert werden. Das ermöglicht es den Beschäftigten, sich voll und ganz auf die neue Familiensituation einzulassen und dem Ehe- oder Lebenspartner die nötige Unterstützung zu geben.“

Das Angebot kommt in der Belegschaft gut an

Zu den rund 30 Mitarbeitern, die das neue Angebot bislang nutzten, gehört auch Tatianos Palatiou, der 2017 bei Philips anheuerte und als Business Analyst für das Unternehmen tätig ist. Der 33-Jährige hatte anlässlich der Geburt seines Sohnes Emil im Sommer 2024 zunächst einen Antrag auf Elternzeit eingereicht, zog diesen aber zurück, als er aus der Personalstelle von der Partnerzeit erfuhr.

Palatiou: „Das ist wirklich ein tolles Angebot; ich habe mich sehr gefreut, dass ich es nutzen konnte. Besonders gut finde ich, dass der Antrag so unbürokratisch und unkompliziert ist. Ich habe mich damals kurz mit meinem Vorgesetzten abgestimmt, dann den Antrag ausgefüllt und schon war alles erledigt. Das ist wirklich vorbildlich und eine große Hilfe für alle, die eine Familie gründen wollen.“

Viele Eltern sind anfangs leicht überfordert

Sein Kollege Eugen Frick sieht es ähnlich. Der 34-jährige Ingenieur, der 2021 seine Langzeitfreundin geheiratet hatte, wurde im August 2024 Vater eines kleinen Sohnes und erinnert sich noch gut an diese Zeit, die für ihn und seine Frau eine riesige Umstellung war.

Frick: „Wir hatten beide noch keine Erfahrung mit der Situation, weil es unser erstes Kind war. Meine Frau ist ebenfalls berufstätig, daher mussten wir uns mit der Frage befassen, wie wir Familie und Beruf unter einen Hut bekommen. So war es für uns eine großartige Hilfe, dass ich nach der Geburt unseres Sohnes zwei Wochen länger zu Hause bleiben konnte, um meine Frau zu unterstützen und von Anfang an eine enge Verbindung zu unserem Sohn aufzubauen.“

Die meisten Mütter haben zu wenig Zeit für sich

Anna Brack freut sich über diese positive Rückmeldung. „Das Thema Familie war uns immer schon sehr wichtig“, sagt sie. „Und Tatsache ist, dass die meisten Mütter nach der Entbindung viel zu wenig Zeit für sich und ihre Bedürfnisse haben. Das ist nicht nur schlecht für sie, sondern letztlich auch für die ganze Familie. Hier wollen wir mit der Partnerzeit Abhilfe schaffen.“

Ihre Kollegin Annette Halstrick nickt. Die Hamburgerin ist ebenfalls Mutter und arbeitet seit 20 Jahren in der Kommunikation von Philips. „Ich hätte mir gewünscht, dass es solche Möglichkeiten damals schon gegeben hätte, als ich Nachwuchs bekam“, sagt sie. „Umso besser finde ich, dass unser Unternehmen nun dieses Angebot entwickelt hat. Damit setzen wir ein Zeichen, an dem sich andere Arbeitgeber orientieren können.“

4.500 Beschäftigte können das Angebot nutzen

Die Partnerzeit kann übrigens auch von Beschäftigten genutzt werden, die ein Kind adoptiert haben. Dieses und andere Details sind in einer Betriebsvereinbarung geregelt, die für alle 4.500 Philips-Mitarbeiter in Deutschland gilt.

Die Beantragung ist denkbar einfach, das Formular lässt sich in wenigen Minuten ausfüllen. Anna Brack: „Es hilft bei der Planung der Kapazitäten, wenn der Antrag mit den Führungskräften abgestimmt und einige Wochen vor der Geburt eingereicht wird. Und wenn das Kind da ist, brauchen wir lediglich eine Geburtsurkunde. Das ist alles.“

Die drei Väter, mit denen wir gesprochen haben, bestätigen das. Eugen Frick bringt es auf den Punkt: „Wenn man eine Familie gründet, ist alles neu. Es ist eine echte Herausforderung, und zwar für beide Partner. Man muss enorm viele Dinge bedenken und alles Mögliche erledigen. Da ist es eine Riesenhilfe, wenn man unkompliziert zwei Wochen freinehmen kann, um sich um die Familie zu kümmern.“

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Clemens von Frentz
Leiter aktiv-Redaktion Nord

Der gebürtige Westfale ist seit über 35 Jahren im Medienbereich tätig. Er studierte Geschichte und Holzwirtschaft und volontierte nach dem Diplom bei der „Hamburger Morgenpost“. Danach arbeitete er unter anderem bei n-tv und „manager magazin online“. Vor dem Wechsel zu aktiv im Norden leitete er die Redaktion des Fachmagazins „Druck & Medien“. Wenn er nicht in den fünf norddeutschen Bundesländern unterwegs ist, trainiert er für seinen dritten New-York-Marathon.

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