Der 20. Oktober 2023 war ein echter Meilenstein für das Bremer Unternehmen Atlas Elektronik. An dem Tag unterzeichnete die Präsidentin des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr eine Vereinbarung zum Kauf von vier Unterwasser-Aufklärungsdrohnen des Typs „Seacat“. Sie sollen künftig zur Seeminenabwehr auf Minenjagdbooten eingesetzt werden.

Das Hightech-Produkt kann die Suchleistung der Minenjagdboote nach Angaben des Herstellers verdreifachen. Die erste „Seekatze“ soll noch im laufenden Jahr geliefert werden. Das rund vier Meter lange Unterwasserfahrzeug, das optisch einem Torpedo ähnelt, kann in bis zu 300 Meter Tiefe autonom und mit hochauflösendem Sonar den Gewässerboden absuchen. „Die Hydroakustik ist der Kern unserer DNA“, sagt dazu Michael Dröse, bei Atlas Elektronik-Vertriebs- und Marketingexperte.

Weltweit rund 2.800 Mitarbeiter

Er verweist darauf, dass der 1902 als „Norddeutsche Maschinen- und Armaturfabrik“ gegründete Betrieb sich schon früh mit Sonartechnik befasste. So entstand Anfang des 20. Jahrhunderts ein erstes Schiffs-Navi, das auf einer Unterwasserschall-Glocke basierte und speziell bei Nebelfahrten sehr hilfreich war.

Das gesammelte Know-how trug dazu bei, dass die 2017 von Thyssenkrupp übernommene Firma diverse Innovationen entwickelte und über 5.000 Patente hält. Heute ist Atlas Elektronik ein Geschäftsbereich der Kieler Werft Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) und zählt zu den weltweit führenden Systemhäusern im Bereich der Marineelektronik.

„Hydroakustik ist der Kern unserer DNA.“

Michael Dröse, Atlas Elektronik

Das gilt sowohl für Systeme über als auch unter Wasser. Das Portfolio reicht von Sonar-Sensoren über Führungs- und Kommunikationssysteme für U-Boote und Überwasserschiffe bis hin zu Torpedos und Küstenschutzsystemen. Hinzu kommen umfassende Dienstleistungen mit logistischem Support.

Knapp 2.800 Beschäftigte hat Atlas Elektronik weltweit, davon rund 2.000 an den deutschen Standorten Bremen, Wilhelmshaven, Koblenz und Wedel bei Hamburg. Die Zusammensetzung der Belegschaft zeigt, wie technologiegetrieben das Unternehmen ist. Über 80 Prozent der Mitarbeiter sind Facharbeiter, Techniker und Ingenieure. Im Geschäftsjahr 2022/23 erwirtschaftete die Gruppe einen Umsatz von 513 Millionen Euro, der zu 38 Prozent in Deutschland und zu 62 Prozent im Ausland realisiert wurde. 38 Marinen und 86 Hafenbehörden rund um den Globus setzen auf die militärischen und zivilen Systeme des deutschen Anbieters.

Am Headquarter-Standort Bremen arbeiten weit über 1.000 Personen, etwa 400 davon in der Produktion. Einer von ihnen ist Malte Stubben, der die Sonarproduktion leitet. Dazu gehören zwei Abteilungen mit vier Teams und insgesamt rund 50 Mitarbeitern. „In meine Verantwortung fallen die Bereiche Sonarwandler, Unterwasserkabel, Schleppantennenfertigung und Vormontage“, berichtet der 43-jährige Maschinenbau-Ingenieur.

Hohe Anforderungen, hoher Personalbedarf

Fundiertes Wissen, maximale Sorgfalt und große Flexibilität sind wichtige Eigenschaften, die Stubben von seinen Kollegen erwartet. „Wir fertigen Artikel auf höchstem Sicherheits- und Qualitätsniveau“, sagt er. „Das funktioniert nur mit hochqualifizierten Experten.“

Ein Beispiel für die hohen Qualitätsansprüche von Atlas Elektronik ist die Fertigung von Unterwasserkabeln. Sie werden sowohl für U-Boote als auch für Fregatten und andere Marineschiffe hergestellt.

Kein Kabel ist wie das andere. „Das beginnt schon bei der Länge, die zwischen 3 und 50 Metern oder mehr variiert“, erklärt Teamleiter Victor Nunes. Vor allem im Inneren unterscheiden sich die Kabelstränge. Stubben: „Einige führen nur wenige Drähte und Leitungen, andere über 200.“ Sie leiten nicht nur Lichtwellensignale, Strom und Daten, sondern enthalten oft auch Kühlflüssigkeit. Viele Kabel sind in regelmäßigen Abständen mit Sensoren verbunden, deren Signale sie weiterleiten.

Die Stecker an den Enden sind ebenfalls Hightech-Elemente. „Manche haben über 200 Kontakte“, sagt Nunes. „Da muss jede Belegung stimmen, und alles muss 100-prozentig wasserfest sein.“ Die hohen Anforderungen führen dazu, dass die Kabel per Hand gefertigt werden. „Man kann durchaus von einer Kabelmanufaktur reden“, sagt Stubben. Entsprechend hoch ist der zeitliche Aufwand. Nunes: „Meist benötigen wir ein bis zwei Wochen für die Produktion eines Artikels, mitunter auch mehr.“

Derzeit ist die Auftragslage gut und der Personalbedarf hoch. „Wir wollen noch in diesem Jahr acht bis zehn Personen einstellen“, berichtet Stubben. Die sollten technisches Geschick, Teamfähigkeit und Belastbarkeit mitbringen. „Wir stellen natürlich auch Berufsfremde ein“, sagt der Maschinenbau-Ingenieur. „Bei uns arbeiten bereits Elektroniker, Feinwerk- und Zahntechniker. Wichtig ist, dass man ein Händchen für filigrane Arbeiten hat und sich nicht aus der Ruhe bringen lässt.“

Der Fachkräftemangel geht auch an Atlas Elektronik nicht spurlos vorbei. Bereits seit Jahren hat die Ausbildung daher hohe Priorität. „Zur Nachwuchsgewinnung kooperieren wir mit Hochschulen und Unis und vergeben im Rahmen dieser Zusammenarbeit Masterarbeiten sowie Promotionsthemen“, sagt Ausbilder Klaus Folkerts.

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Zahlreiche duale Studiengänge werden angeboten, unter anderem in Elektrotechnik, Informatik und im Maschinenbau. Natürlich bildet Atlas Elektronik auch in kaufmännischen und technischen Berufen aus, zum Beispiel Fachinformatiker und Industriekaufleute. Zurzeit lernen rund 50 junge Leute am Standort Bremen. „Unsere Ausbildung ist anspruchsvoll, aber sie bietet jede Menge Spielraum zur freien Entfaltung“, sagt Folkerts.

Dualstudent Lukas Nahrstedt kann das bestätigen. „Hier wird Selbstständigkeit und Einsatzbereitschaft gefordert. Dafür genieße ich aber auch jede Menge Freiheiten, kann beispielsweise über die Auswahl der Abteilungen, in denen ich arbeite, mitbestimmen.“ Ähnlich sieht es sein Kommilitone Sohan Kumer: „Wer eine Leidenschaft fürs Meer und die maritime Welt hat, ist hier genau richtig. Denn wir arbeiten jeden Tag an der Weiterentwicklung maritimer Systeme.“

Spannende Themen im eigenen Institut A-Lab

An der Entwicklung maritimer Themen arbeitet seit gut zweieinhalb Jahren auch das firmeninterne Forschungsinstitut A-Lab. Es bietet Platz für Studierende und Promovierende, die in einem interdisziplinären innovativen Umfeld Promotionsthemen, Bachelor- und Masterarbeiten sowie Praktika bearbeiten können.

Der promovierte Elektrotechnik-Ingenieur Julien Hansen und der promovierte Informatiker Jeronimo Dzaack haben das A-Lab 2021 gemeinsam ins Leben gerufen und zu einem innovativen Brainpool weiterentwickelt. Derzeit forschen und arbeiten hier rund 20 Studierende (Doktoranden, Bachelor-, Master- und Werkstudenten) an Themen wie Unterwasserkommunikation, KI und Cyber Security. Über ein bundesweites Netzwerk hält das A-Lab engen Kontakt zu Professoren an Universitäten und Hochschulen.

Hansen: „Wir bieten hier einen kreativen Freiraum für die Studenten, die schnell auf aktuelle Trends reagieren können.“ Dazu zählt unter anderem die Entsorgung alter Weltkriegs-Munition in den Tiefen der Nord- und Ostsee.

„Das Thema ist Gegenstand einer Promotion im A-Lab und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert“, erklärt Hansen. Das Ministerium unterstützt die Entwicklung von Systemen zum Aufspüren der Munition und neuen Methoden der Kampfmittelräumung. Ziel ist der Bau einer schwimmenden Plattform, auf der der Sprengstoff automatisiert zerlegt und verbrannt wird. „Ein Jahrhundertprojekt“, sagt Hansen, „das wir mit innovativen Entwicklungen begleiten.“

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